Ich hatte die Frage gestellt, ob das Thema mit der formalen Rehabilitation meines Falles damit schon für die TU Dresden erledigt sei? Ich glaube nicht. 36 Jahre nach der Aberkennung meines Diploms und 17 Jahre nach der Wende ist eine neue Generation von Professoren und Studenten an der TU Dresden eingezogen. Die wenigen unbelasteten Professoren , die nach Überprüfung weiter ihre Lehrtätigkeit ausführten, gehen in den Ruhestand. Und es gibt inzwischen eine Vielzahl von Berichten und Dokumentationen zur Zeit des DDR-Regimes und den Verwerfungen an der TU Dresden. Hier sei besonders hingewiesen auf:
Zur personellen und strukurellen Erneuerung an der TU Dresden nach 1990, Technische Universität Dresden, Symposium am 1.November 2001, herausgegegebn von Alfred Post, Kanzler der TU Dresden
Der Neubeginn 1989 - Würdigung von TU-Initiativen zur Hochschulerneuerung zwischen 1989 und 1993 in Sachsen, Technische Universität Dresden, Festveranstaltung am 14.Oktober 2003
Geschichte der TU Dresden - 1828 - 2003, R.Pommerin (3 Bände), Böhlau Verlag, 2003
Es gab vermutlich neben Leipzig un Dresden keine weitere Universität in den neuen Bundesländern, wo so konsequent der Umbruch und Neubeginn umgesetzt wurde. Aber, es gibt auch noch Lücken in der Aufarbeitung: Wer waren die Opfer des Systems an den Universitäten?, das Einwirken von Partei (SED) und Staatssicherheit in die frühere Autonomie der Universitäten, die Korrumpierung und Erpressung von Professoren, und .......
Kleinigkeiten: Es gibt kleine Publikationen wie “Wir fahren nicht nach Drüben, wir fahren in die Rüben” - so erzählten mir mehrere ehemalige Kommilitonen / Professoren mit einer gewissen Verbitterung ob der darin enthaltenen Nostalgie. Es machte mir Mühe, dies Büchlein zu finden. Ich fand’s und hab’s gelesen:“Mit den Motorrad durch den Zeuner-Bau”, die Erzählung von Gottfried Rabe, Seite 114, das obige Zitat “Wir fahren nicht nach drüben, wir fahren in die Rüben” im Büchlein eher etwas ironisch gemeint, aber anscheinend mit einer Brisanz heute bei vielen, die das damals gar nicht so lustig fanden, das mit den Ernteeinsätzen.
Wo liegt die Kritik an diesem Büchlein? Sie liegt wohl darin, dass hier leicht nostalgisch erzählt wird, wie man im System damals (gemeint sind die eigentlich noch harmlosen 50-er und noch späten 60-er Jahre) doch noch so durchrutschen konnte und dabei noch Spaß hatte. Es fehlen die wesentlich härterer Folgejahre. Warum beziehen die Autoren eigentlich keine eigene politische Position in den Beiträgen? Ist vielleicht doch noch unterschwellig etwas Angst geblieben, etwas Falsches zu sagen? Was fehlt ist das Pendant: “Wir wollten gern nach Drüben, mußten aber in die Rüben” Und wenn wir nicht gegangen wären (in die Rüben), dann wären wir gegangen worden (übersetzt: exmatrikuliert). Verharmlosung oder einfach nur Nostalgie? Ich warne, Aussagen dieser Art nicht ernst zu nehmen.
Ein Wessi an der TUD wird’s nicht verstehen, aber vielen Ossis ist es aufgestoßen. Unser Sohn Henrik (eigentlich auch ein Wessi) war vor kurzem in Dresden im Kabarett Die Herkuleskeule. Die Leute hätten öfters gelacht, ihm sei aber nicht ganz klar gewesen, warum eigentlich. Das ist, was ich mit Wessi - Ossi meine.
Am 28.10.2007 kam es auch zu einem persönlichem Gespräch mit Herrn Prof.Krocker und mir. Herr Prof.Krocker hat sein damaliges Verhalten sehr bedauert und er war bereit, bei der Aufarbeitung mitzuarbeiten.
Am 29./ 30 Oktober kam es zu Gesprächen mit dem derzeigen Dekan der Fakultat ET, Prof.Schegner; seinem Vorgänger im Amt, Prof.Lehnert, dem bisherigem Leiter der Personalüberprüfungskommission, Prof.Reibiger, dem Leiter des Archivs der TU Dresden, Dr.Lienert, dem Rektor der TU, Prof..Kokenge. Und wir alle waren uns einig: Es gibt noch Lücken zu schließen
Inzwischen gab es eine Vielzahl von weiteren Gesprächen mit Mitarbeitern der TUD, in den Gedenkstätten Bautzen und Dresden, Betroffenen und es haben sich auch Betroffene der Willkür von SED-Staat und dessen Institutionen gemeldet - auch wenn diese nicht immer in das Raster unseres Themas “Opfer der SED-Willkür an der TU Dresden” (Arbeitstitel) fallen.
Es ist unverkennbar: Die Täter von gestern werden immer aktiver. Mit dem offen erkennbaren Ziel einer Umdeutung der geschichtlichen Bewertung des Staates DDR. Es gibt zwar hunderte von Dokumentationen, die sich mit der ehemaligen DDR, deren Institutionen und Politik auseinandersetzen, was in einigen Bereichen fehlt, ist die Aufarbeitung dieser Zeit aus der Sicht der Opfer. Die Täter von damals scheuen sich nicht, die Opfer von damals zu verhöhnen und zu verklagen, wenn ihre Namen (auch ohne Schuldvorwurf) genannt werden.
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